In Sachen Safe Sex kann man nicht auf Kondome verzichten
Unsere Geschäftsführer Eva und Jan Vinzenz Krause über das Potential von Kondomen im Erotikeinzelhandel
Wegzudenken sind Kondome aus den Erotikeinzelhandelsgeschäften ganz gewiss nicht, aber es ist offensichtlich, dass sie nicht mehr so im Fokus stehen wie es mal der Fall gewesen ist. Dabei ist das Potential dieser Produkte groß, wie Eva und Jan Vinzenz Krause, Geschäftsführer der Vinergy GmbH, in diesem Interview erklären. Sie geben Tipps und Ratschläge, wie dieses Potential erschlossen und zum eigenen Vorteil für den Einzelhändler genutzt werden kann.
Herr Krause, Kondome gibt es von zahlreichen Herstellern, doch sind Sie der eigentliche Pionier der passgenauen Präservative. Dass Kondome in jedes Erotikfachgeschäft gehören, liegt auf der Hand, dennoch entsteht der Eindruck, als seien sie durch andere Produkte – vor allem Love Toys – an den Rand gedrängt worden. Ist diese Beobachtung richtig oder überspitzt dargestellt? Und welche Rolle können Ihre maßgeschneiderten Kondome in dem Zusammenhang spielen?
Jan Vinzenz Krause: Vielleicht denkt man im Zusammenhang mit Erotikfachgeschäften nicht in erster Linie an Kondome. Aber ich bin überzeugt davon, dass in jedes gut sortierte Erotikfachgeschäft eine vielfältig sortierte Auswahl an Kondomen zu einem attraktiven Angebot gehört. Von den 1970er bis in die 1990er Jahre waren Pornofilme der Haupt-Umsatzbringer in Erotikfachgeschäften. Durch das Internet hat sich das massiv geändert. Die Menschen schauen sich Pornos verstärkt online an. Gleichzeitig hat die Vielfalt an Love Toys stark zugenommen, sie sind salonfähig geworden. Die Toys haben aus meiner Sicht mehr Platz für Erotik geschaffen. Und hier kommen natürlich die Kondome als ganz wichtiges Element dazu.
Was entgegnen sie denen, die sagen, dass Kondome heute überall – im E-Commerce, in Drogerien etc. - angeboten, verkauft und auch gekauft werden und es deshalb keinen Sinn machen würde, diesen Produkten im Erotikeinzelhandel zu viel Aufmerksamkeit zu schenken?
Jan Vinzenz Krause: Die meisten Erotikprodukte - Toys, Gleitgele, Dessous - werden heute im E-Commerce und anderen Vertriebskanälen angeboten. Genauso findet man aber in vielen Drogeriemärkten heute neben Kondomen auch Gleitgele und Toys. Das sind sehr gute und wichtige Angebote. Ich bin aber überzeugt davon, dass ein Erotikladen ein ganz anderes Ambiente bietet und viel mehr Beratungs-Know-How zu den Produkten hat. Bei meinen zahlreichen Besuchen von Erotikläden, wie zum Beispiel den ORION Fachgeschäften, bin ich immer wieder beeindruckt über welches Wissen die Verkäufer/innen verfügen. Von der guten Beratung profitieren die Kunden, weil sie ihnen letztlich zu besserem Sex verhelfen kann.
Wie kann der Erotikeinzelhandel das Potential von Kondomen besser nutzen? Wie kann man dem Thema ‘Kondome im Erotikmarkt’ wieder frisches Leben einhauchen?
Jan Vinzenz Krause: Um das Potential von Kondomen besser zu nutzen, sehe ich eine Kombination aus einer guter Beratung, dem passenden Produkt und Zusatzverkäufen rund um das Thema Kondom. Dazu muss das Kondom aber noch stärker aus der Tabuzone raus. Hier könnte der Erotikmarkt mit einer eigenen Offensive dem gesamten Thema einen Schub verpassen.
Wie kann der Erotikeinzelhandel die Botschaften, die von Kondomen ausgehen – Sprichwort Safer Sex – stärker kommunizieren?
Eva Krause: Staatliche Organisationen, wie die BZgA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) setzen sich seit Jahren intensiv für Safe Sex und die Benutzung von Kondomen ein. Da ist Deutschland aus meiner Sicht sehr vorbildlich. Der Erotikeinzelhandel kann hier anknüpfen und durch seine Beratungsfunktion dabei helfen das passende Kondom zu finden. Denn ein Kondom, das so gut sitzt wie eine zweite Haut, fühlt sich besser und sicherer an. Und nur dann, wenn sich das Paar beim Sex wohl fühlt, wird es ganz selbstverständlich zum Kondom greifen.
Sie bieten zahlreiche Tools an, mit denen der Einzelhandel auf die Kondome Ihrer Marke MISTER SIZE aufmerksam machen kann. Welche sind das genau?
Jan Vinzenz Krause: Wir bieten als einziger Kondomhersteller sehr umfangreiche Lösungen und passende Tools für jeden Einsatzzweck an. Schließlich geht es uns ja um die richtige Passform.Schon unser Verpackungsdesign ist ein Wegweiser zur richtigen Kondom-Größe. Die unterschiedlich breiten blauen Streifen verraten bereits am Regal die benötigte Größe. Das funktioniert ganz ohne messen zu müssen. Für den stationären Fachhandel kommt der Size Guide mit einem herausnehmbaren Maßband in einem Aufsteller zum Einsatz. Hier haben wir mittlerweile über 150 ORION Fachgeschäfte in Deutschland ausgestattet. Der Condom Sizer ist ein super Tool, um Menschen auf spielerische und unterhaltsamer Art an das Thema Kondomgröße heranzuführen. Den Sizer setzen wir auf Events, wie Partys und Messen ein. Wir stellen ihn unseren Vertriebspartnern in sieben Sprachen zur Verfügung. Unsere neueste Entwicklung ist das Test-Set: Drei Kondome in verschiedenen Größen mit einem Maßband in einer Packung. Mit diesem Angebot können unsere Vertriebspartner von Anfang an Geld verdienen.
Können Sie uns über Erfahrungen berichten, wie der Einzelhandel diese Tools anwendet und welche Erfolge er damit erzielt?
Jan Vinzenz Krause: Der Size Guide kommt bei den Kunden sehr gut an. Und der Size Guide im Aufsteller wird in vielen Fachgeschäften bereits genutzt. Er wird bei immer mehr Fachgeschäften zum Einsatz kommen. Inzwischen wir bieten diesen in über 10 Sprachen an. Wir bekommen viel gute Rückmeldung dazu, weil er ein einfaches Hilfsmittel ist, das wir dem Fachhandel noch dazu kostenlos zur Verfügung stellen.
Inwieweit stimmen Sie sich bei der Gestaltung Ihrer Tools mit den Bedürfnissen des Einzelhandels ab?
Eva Krause: Bei der Entwicklung des Displays für den Size Guide stand ich im intensiven Austausch mit den ORION Fachgeschäften. Unser erster Prototypen war anfangs zu groß. Außerdem wir hatten wir ihn nur in einer Sprache, nämlich Deutsch. Mit dem Feedback von den ORION Fachgeschäften haben wir das Display verbessert und die Wünsche in unser aktuelles Produkt aufgenommen. Neben dem Einzelhandel holen wir uns natürlich Rückmeldungen von den Kunden und Sexualberatern ein.
Gerade beim Thema Kondome geht es auch um Fachwissen eben um die hier schon diskutierte Beratung. Wie sieht Ihre Unterstützung diesbezüglich aus? Bieten Sie Produktschulungen und Verkaufstraining an?
Jan Vinzenz Krause: Da sprechen Sie ein ganz wichtiges und zumeist unterschätztes Thema an. In Sachen Safe Sex kann man nicht auf Kondome verzichten. Und je mehr und je besser Händler und Anwender Bescheid wissen, umso besser ist der Erfolg. Auch ich hole mir immer wieder Anregungen, die ich dann in Fortbildungen weitergeben kann. Wenn ich zum Beispiel in Deutschland unterwegs bin, schaue ich gerne auch mal spontan in Erotikläden vorbei und so ergeben sich interessante Gespräch und Dialoge. Außerdem setzen wir seit Corona stark auf Online-Schulungen, die wir per Loom On Demand anbieten. Die Verkäufer/innen können sich unsere Videos, die wir unter 5 Minuten gestaltet haben, anschauen. Und per Zoom führe ich auch Live-Schulungen von 45 bis 60 Minuten durch, bei denen ich dann stärker auf Fragen eingehen kann. Ein Highlight am Ende unserer Schulungen ist die Live-Kondomproduktion, bei der ich ein Kondom aus flüssigem Latex vor den Augen der Teilnehmer herstelle. Danach sollten keine Fragen mehr offen sein.
Das Interview ist zuerst erschienen im eLine-Magazine 07/2022: www.eline-magazine.de